Ein Krankenhaus mit Tradition und Geschichte
Pantaleon Rosmann
1776 - 1853
ein Leben für die Nächstenliebe
Verfasser: Dr. med Falk Herdter, ehemaliger Ärztlicher Direktor und Chefarzt Chirurgie
Um das Wirken dieses >berühmten Sohnes der Stadt Breisach< zu begreifen, muss man sich um 200 Jahre in die Breisacher Stadt- Geschichte zurückversetzen.
Dekan Rosmann - ein Name, der zwar noch in vieler Munde ist – über dessen Leben und Bedeutung jedoch nur wenige Interessierte Bescheid wissen.
Was erinnert uns heute noch an den Namen Rosmann, einen Breisacher Dekan, der
• 1776 in Niederrotweil geboren wurde und 1853 in Breisach starb
• damit 76 Jahre alt wurde und
• 47 Jahre sein Priesteramt ausübte.
- Der Name Rosmann lebt fort in der Nennung der Breisacher Klinik: früher geführt als > Rosmann – Krankenhaus < unter der Aufsicht der Stadt Breisach, 1972 vom Landkreis Breisgau- Hochschwarzwald als Kreiskrankenhaus übernommen und seit Übernahme durch den HELIOS-Konzern 1998 dann HELIOS Rosmann Klinik genannt.
- Rosmann gab zusammen mit seinem Freund Prof. Faustin Ens ein immer noch sehr lesenswertes Buch heraus mit dem Titel > GESCHICHTE der STADT BREISACH <. Im Antiquariat ist dieses Buch als seltenes Exemplar - übrigens recht teuer – erhältlich.
- Vorhanden ist auch noch sein detailliertes Testament über 46 Seiten, das er im Alter von 70 Jahren abgefasst hat. Das Original liegt in Freiburg.
- Rosmanns Grabstein an der Josefskirche in Breisach, gestiftet in tiefer Dankbarkeit vom Magistrat der Stadt Breisach. Dieser Grabstein wurde einige Zeit nach seinem Tode hergestellt. Die Huldigung, die die Stadt ihrem >großen Wohltäter< hatte zuteilwerden lassen, war mittlerweile durch Verwitterung auf dem Stein kaum mehr lesbar. Dankenswerterweise haben sich Spender gefunden, die eine Restaurierung durch den Bildhauer A. Klein möglich machten. Die Kosten hierzu haben sich geteilt: die Stadt Breisach, der LIONS-Club Breisach-Kaiserstuhl-Tuniberg und die HELIOS Rosmann Klinik.
Die Grabstein-Inschrift lautet:
Pantaleon Rosmann, geboren am 6.August 1776 zu Rotweil, am 14.September 1802 zum Priester geweiht. Stadtpfarrer dahier seit 1819. Starb am 3. März 1853. Zur Ehre Gottes und zum Trost der Armen verwandte
er sein überaus großes Vermögen zur Bereicherung des Fonds des Kranken- und Pfründnerspitals und zur Gründung eines Waisenhauses.
Dem so großen Wohltäter errichtete dieses Denkmal in dankbarster Gesinnung zur immerwährenden Erinnerung im Jahr 1856 die Bürgerschaft von Breisach.
- Der Rosmann Gedenkstein in der Spitalkirche, der einige Jahre nach seinem Tode anhand von Bleistiftskizzen des Freiburger Bildhauers Aloys Knittel angefertigt wurde und ihn als >betenden Rosmann< darstellt.
- Eine erst 1994 wiederentdeckte , sog. >Lebend-Abbildung< Rosmanns, die vom Breisacher Stadtarchivar nach ausgedehnten Recherchen aufgefunden wurde.
Wie kam es zu dieser späten Wiederentdeckung ?
Bis 1994 kannte man Rosmann nur von Abbildungen seines Grabreliefs, das seiner >Totenmaske < entsprach. Man hatte aber noch Kenntnis von der Existenz eines Bildes von ihm, das jedoch als verschollen galt. Wahrscheinlich fiel es einem Brand in den Kriegswirren am Ende des II.Weltkrieges zum Opfer. Die weiteren Nachforschungen ergaben: Aus den Archiven war ein Briefwechsel bekannt zwischen Rosmann und dem Freiburger Kunstmaler Wilhelm Dürr. Es stand zu lesen, dass Rosmann diesen Künstler beauftragte zwei großformatige Ölgemälde für das Breisacher St.Stephans-Münster fertigzustellen.
Diese Gemälde entstanden unter dem Titel: >Die Bergpredigt< und >Jesus segnet die Kinder<
Dafür lobte er die außergewöhnlich hohe Summe von 2.000 Gulden aus, die er aus eigenen Mitteln bestritt.
Dürr bat in einem Schreiben, welches überliefert ist und an Rosmann adressiert ist,
>er möge doch zum Portrait-Sitzen nach Freiburg kommen < Rosmann wurde also auf den beiden Ölgemälden unter einer Vielzahl versammelter Menschen und Jesus-Begleiter abgebildet. Bestimmungsgemäß hingen die fertiggestellten Bilder über dem Chorgestühl des Breisacher Münsters. Auf den Bildern ist Rosmann inmitten der Menschenschar gut zu erkennen - einmal dargestellt im 40. Lebensjahr und auf dem anderen Bild im Alter von ungefähr 60 Jahren. Archivar Uwe Fahrer hat nun dieses Ölgemälde nach intensiver Spurensuche wohlbehalten auf dem Dachboden der Breisacher Münsterpfarrei wiederentdeckt.
In welche Zeit hinein wurde Rosmann geboren ? Wie erlebte er seine Stadt Breisach ?
Wir blättern in der nunmehr 1600-jährigen Geschichte der Stadt Breisach.
Diese Stadt wurde nachweislich über 15-mal belagert, geplündert, zerstört. Hungersnöte, Seuchen (wie die mittelalterliche Pest) und Naturkatastrophen dezimierten die Bevölkerung.
Mit erstaunlicher Lebenskraft richtete sich Breisach immer wieder auf. Kriegerische Auseinandersetzungen spielten sich auch in der Zeit vor Rosmanns Geburt ab.
Im Mittelalter galt das vielgerühmte Breisach als der >Schlüssel des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation und dessen Ruhekissen<. Strategisch gesehen war die Losung: >Wer die Festung Breisach besitzt, beherrscht den Raum zwischen Schwarzwald und Vogesen< .
Folgerichtig war es der bekannte französische Festungsbaumeister VAUBAN, der Breisach zu einer der bestbefestigten Städte und Verteidigungsanlagen Europas verstärkte und ausbaute.
Als Breisach in regelmäßiger Wiederholung wieder einmal zu Österreich gehörte, belagerte 1703 der mit Frankreich verbundene Herzog von Burgund die Stadt. Begleitet wurde der junge, erst 21-jährige Herzog vom erfahrenen , bereits 70-jährigen Vauban als Berater. Beide standen nun vor den verschlossenen Toren der uneinnehmbaren Stadt. In der Überlieferung heißt es, dass der Herzog seinen Begleiter Vauban folgendermaßen ansprach:
> Herr Marschall, vor diesem Platz werden Sie notwendigerweise Ihre Ehre einbüßen: entweder wir nehmen diesen Platz ein, dann wird man sagen, Sie hätten ihn schlecht befestigt, oder wir scheitern, dann wird man sagen, Sie hätten mich schlecht unterstützt <.
Darauf entgegnete VAUBAN: > Monseigneur, man weiß, wie ich Breisach befestigt habe, aber man weiß noch nicht, wird es aber bald wissen, wie Sie Plätze erobern, die ich befestigt habe < .
Nach der Kapitulation der Festung Breisach schrieb VAUBAN:
> Obwohl dieses Breisach schrecklich ist, wurde diese unvergleichliche Festung dennoch nach 14-tägiger Belagerung übergeben, angesichts ihrer Größe eine unerhörte Sache. Man muß gestehen, dass die Gunst des Höchsten in die Angelegenheit des Königs eingegriffen hat und die überraschende Übergabe ein wenig an ein Wunder grenzt. Danken wir Gott und geben diesen Platz nicht wieder zurück, wenn jetzt der König einen Anspruch hat, ihn für sich anzueignen < .
Im Jahre 1741 schloss Frankreich - der alte Rivale Österreichs – ein Bündnis mit Preußen. Damit geriet Breisach zum wiederholten Mal zwischen die Mühlsteine der verschiedenen Besatzer.
Jahre später befahl Maria Theresia der Österreichischen Armee ins Oberelsass einzufallen. Dazu mussten dann Breisachs halb zerstörte Festungswerke - diese wurden erst 2 Jahre zuvor durch österreichische Truppen gesprengt - genau von diesen Truppen wieder ausgebessert und erneuert werden.
Da aber den österreichischen Truppen der geplante Rheinübergang nicht gelang, erging der Beschluss des österreichischen Kriegsrates >BREISACH – diesen ewigen Zankapfel - von Grund auf zu schleifen< Alle Wälle und Bastionen wurden abgetragen, die Mauern gesprengt und niedergerissen – und schließlich alle Festungsanlagen der Oberstadt und auf dem Eckartsberg geschleift. Die 250-jährige Geschichte Breisachs als eine der stärksten Festungen Europas war zu Ende, das Gewerbe vernichtet, die Landwirtschaft ruiniert. Zurück blieb ein kleines , verarmtes Landstädtchen - ohne jede Bedeutung.
In diese Stadt hinein gelangte Rosmann als Schüler und späterer Vikar. Die französische Revolution 1789 mit dem Sturm auf die Bastille führte zum völligen Umsturz der politischen Verhältnisse und bescherte Europa endlose Kriege.
Wieder war Breisach in diese Wirren eingeschlossen. Französische Revolutionstruppen wurden anlässlich der allgemeinen Volksbewaffnung - der sog. > levée en masse < an den Oberrhein geworfen. Der militärische Übergang über den Rhein war bei Rheinweiler geplant. Zur Ablenkung hatten die französischen Militärs einen Artillerie- Scheinangriff auf Breisach vorbereitet.
Diese Maßnahme stellte sich als völlig sinnlos heraus, da die österreichischen Truppen den Rheinübergang schon frühzeitig nachhaltig abgewehrt hatten. Vom Fort Mortier aus wurde 1793 die Stadt in Schutt und Asche gelegt. Breisach ging komplett in Flammen auf, das Bombardement dauerte 4 Tage und 4 Nächte ununterbrochen an. Von der stolzen Oberstadt mit den 4 Klöstern, dem Rathaus, den wunderschönen Zunfthäusern blieb nichts mehr übrig außer den Grundmauern. Das St.Stephans-Münster war schwer zerstört.
Die französische Presse berichtete folgendermaßen:
>Der republikanische Blitz hat die Stadt Breisach vernichtet. 577 Häuser, die den 2700 Einwohnern als Wohnung dienten, sind verschwunden. Was von Alt-Breisach übrig geblieben ist, kann auf 15 bis höchstens 20 Wagen abgefahren werden. Es ist die furchtbare Auswirkung der gerechten Rache eines freien Volkes<
Ein Reisender berichtet: > Das ist der Tod unter dem Schein des Lebens <
Rosmann wurde in dieser Zeit in Niederrotweil als Sohn eines Würzburger Schreiners geboren. Seine Schulzeit absolvierte er im Franziskaner-Gymnasium in Breisach. Er wohnte im Haus des Stadtsyndikus bis zur erwähnten Stadtzerstörung . Nach seiner Schulzeit meldete er sich freiwillig zum österreichischen Militärdienst und wurde zuletzt befördert zum Artillerie-Leutnant. Er war zeit seines Lebens stolz darauf, in dieser Eigenschaft von den Franzosen die feindliche Regimentsfahne erobert zu haben. Nach dem Militäreinsatz nahm er an der Universität Freiburg das Studium der Theologie auf.
• 1802 wurde er in Meersburg zum Priester geweiht und war dann Vikar bei Waldshut, Hilfspriester in Oberrimsingen, Pfarrverweser in Gündlingen.
• 1806 kam er als Pfarrverweser nach Breisach zurück und vertrat den erkrankten Ortspfarrer.
• 1819 wurde Rosmann zum Stadtpfarrer und Dekan ernannt.
Es war kein leichtes Amt, das er antrat. Die Seelsorge galt als sehr >beschwerlich< und war >vielen Bedenklichkeiten< ausgesetzt. Breisach lag in Trümmern…
Viele Bürger hatten noch kein festes Dach über dem Kopf, hausten in Kellern, Höhlen und Strohhütten. Tiefe Armut und chronische Krankheiten prägten das Leben.
Schulen existierten nicht; etliche Mordfälle beschäftigten die Stadt. Rosmann setzte bis zu seinem Tode alles daran, Not zu mildern - und Stadt und Pfarrei innerlich und äußerlich wieder aufzubauen.
Seine soziale Tätigkeit nahm 1807 durch die Gründung einer Armenkasse ihren Anfang. Arme und Kranke , die es vorzogen, nicht ins Krankenhaus zu gehen, wurden zu Hause gepflegt. Hierfür stiftete er 3.000 Gulden !
Nach einer Missernte wegen des kalten und nassen Sommers 1848 richtete er eine Suppenbereitungs-Anstalt für die Armen der Stadt ein. Die notleidende Bevölkerung wurde in den kommenden Jahren täglich mit einer warmen Mahlzeit versorgt. Die Ausgabestelle am ehemaligen Eckartsberg-Weg - die heutige Marienau -wurde bis in den II.Weltkrieg hinein im Volksmund das >s´Wassersuppgässle< genannt.
Anlässlich einer großzügigen Kartoffelspende (300 Säcke) durch Rosmann antwortete der Breisacher Stadtrat im Tonfall der damaligen Zeit:
> Euer Hochwürden haben aus freien Stücken das schriftliche Versprechen gemacht 300 Säcke Erdäpfel zur Zeit der Not an hiesige arme Familien unentgeltlich zu verabreichen. Wir haben diese edle Handlung ohne Verzug dem Bürgerausschuß mitgeteilt und solche ist nun schon in der ganzen Stadt zur größten Freude der Bürger verbreitet. Wenn uns auch die gütige Vorsehung mit der asiatischen Seuche verschont, so dürfte doch im nächstkünftigen Frühjahr unter den hiesigen Einwohnern wegen erlittener Überschwemmung ein drückender Mangel an Nahrungsmitteln eintreten, welchen dann durch Ihr Versprechen am besten abgeholfen werden kann. Empfangen Sie nun, hochwürdiger Stadtpfarrer, im Namen der ganzen Bürgerschaft, welche mit Rührung Ihre hochherzige Handlung erkennt, unseren verbindlichsten Dank <
1847 gründete Rosmann die >Kranken- Sterb- und Waisenkasse< Diese besteht bis heute noch als >Bürgerlicher Krankenverein< weiter. Die Predigten von Rosmann waren verständlich, orientierten sich an
der Alltagspraxis der Bürger und >rührten die Herzen<.
Auch die Breisacher Juden verehrten ihn als Wohltäter. Nach der Zerstörung Breisach 1793 kamen Juden als sog. Schutzbürger nach Breisach und trugen ihren Teil zum Wiederaufbau der Stadt bei. Sie mussten allerdings eine minderrechtliche Stellung hinnehmen und waren von den meisten Gewerben ausgeschlossen - und daher angewiesen auf Viehhandel und Geldwechselgeschäfte. Eine Verbesserung ihrer Situation hinsichtlich > erweiterter Rechte < schuf das Konstitutionsedikt des badischen Großherzogs Karl Friedrich vom 4.6.1808.
Eine stabile Schulsituation für die jüdischen Bürger trat ab 1810 ein als Max Wertheimer an der israelitischen Schule mit 2 Klassen tätig wurde. Rosmann war im Rahmen seiner vielfältigen Aufgaben auch Visitator dieser israelitischen Schule.
Im Hungerwinter 1831 veranlasste Rosmann aus seinem Privatvermögen eine großzügige Lebensmittelspende an die israelitische Gemeinde. Dafür bedankte sich der Breisacher Rabbiner Moses Reiß in einem Brief mit überschwänglichen Worten:
>Im Namen der Armen unserer Religionsgenossen hiesiger Gemeinde erlauben wir uns den herzlichsten Dank darzubringen für die segensreiche, milde Gabe. Würdig der wahrsten und edelsten Bestimmung des geistlichen Hirtenstabes liegt Ihnen, Euer Hochwohlgeboren, nicht nur das Seelenheil, sondern auch das zeitliche Wohl und Weh Ihrer Anvertrauten am Herzen. Mit bedeutenden Opfern helfen Sie zur rechten Zeit auf eigene Kosten den Armen mit den Lebensmitteln.
Weit edler aber ist es, wenn der Vorgesetzte einer Kirche dadurch öffentlich zeigt, wie er den Menschen nur im Menschen ehrend, dasselbe Mitleid zollt und mit derselben Bereitwilligkeit der Not und Armut Hilfe spendet, in welchem Religionsverband er sie findet , gleichviel, ob in seiner eigenen Kirche oder in der Synagoge der Empfänger dafür dem Schöpfer huldigt und für das lange Leben und Glück seines Wohltäters Gebete zum Himmel sendet<.
Dennoch: der ökumenische Gedanke war auch bei Rosmann erst im Werden. Als die wenigen Protestanten, die seinerzeit in Breisach wohnten, die Bitte aussprachen, die Spitalkirche mitbenutzen zu wollen, wurden sie von Rosmann brüsk an das nahegelegene und gut erreichbare Ihringen verwiesen.
Als Stadtpfarrer und Dekan war Rosmann auch Bezirks-Schulvisitator. Seine Berichte sind lebendige Zeugnisse vom Breisacher Schulalltag in schlechten Zeiten:
So berichtet ihm zum Beispiel Lehrer Beck:
>Im einzigen, zur Verfügung stehenden Schulzimmer im Hause Sitter müssen von ihm 300 Kinder unterrichtet werden. Der Raum ist tief in der Erde gelegen und so finster, dass man an dunklen Wintertagen gar nichts siehet. Außerdem sei der Platz durch Fahren und Reiten so unruhig, dass er sein eigenes Wort nicht verstehe<.
Rosmann wurde zum Mitbegründer einer Stiftung zur Errichtung einer Arbeitsschule und Förderung der Erziehung der weiblichen Jugend. Auch als Bauherr ließ er sich in die Pflicht nehmen. Die Josefskirche wurde wieder aufgebaut, das Pfarrhaus instandgesetzt, das St.Stephansmünster renoviert und später der Spitalbau begonnen. Der Zustand des Spitals wurde 1839 als trostlos geschildert. Nachdem die Stadt nur >sehr reserviert< Geldmittel angeboten hatte, stiftete er für den Bau des neuen Spitals 4.000 Gulden. Beim Bau führte er architektonisch Aufsicht. Das Spital am Werd war wie ein großes Viereck gegliedert und aufgebaut nach der mittelalterlichen Tradition mit einem
• Krankenhaus
• Pfründnerhaus (die Pfründner brachten ihr Einstandsvermögen mit, etwa vergleichbar mit dem heutigen >betreuten Wohnen<)
• Waisenhaus
• Gutshof
• Altersheim
• Kirche
Die Spitalordnung schrieb Rosmann eigenhändig nieder. Kurz vor seinem Tode holte Rosmann 1853 die Barmherzigen Schwestern vom Hl. Vinzenz v. Paul nach Breisach .
Zu diesem Zeitpunkt verzeichnete das Spital die Unterbringung von 38 Pfründnern,
• 12 verwahrlosten Kindern und
• 20 unehelichen Kindern.
Die Vinzentinerinnen übernahmen fortan die Pflege im Spital und Waisenhaus.
Die in der Bevölkerung hochgeschätzten Ordensschwestern - ENGEL genannt - stellten aus Breisach zur Jahrhundertwende sogar die Generaloberin des gesamten Ordens in Süddeutschland , Frau Mutter LUISA.
Das Spital bestand bis zum 27.4.1944 – >dem Todestag Breisachs <. Die segensreiche und aufopferungsvolle Tätigkeit der Vinzentinerinnen endete in den frühen 70-iger Jahren.
Aus einem Briefdokument kann man ihre unermüdliche Arbeit am besten ermessen. Hier schreibt der Superior des Ordens, Monsignore Bertrud, gemeinsam mit der Generaloberin 1967 an die Verwaltung des Städtischen Krankenhauses:
> Die Schwestern unseres Ordens wollen stiftungsgemäß im gottgeweihten Leben den Kranken dienen. An dieser Zielsetzung kann und soll sich auch in der heutigen, veränderten Welt nichts ändern. Ändern müssen sich freilich in mancher Hinsicht die Lebens- und Arbeitsgewohnheiten der Schwestern, wenn sie an Leib und Seele gesund bleiben sollen. Wir dürfen daher gewiß mit Ihrem Verständnis rechnen, wenn wir für unsere Schwestern vom neuen Jahr an in jeder Woche einen dienstfreien Nachmittag und in jedem Monat einen dienstfreien Sonntag einführen. Für eine kurze Bestätigung dieser Neuordnung wären wir dankbar <.
Rosmann förderte mit seinem Vermögen auch die Künstler. Er ließ neue Zunftfahnen anfertigen, unterstützte finanziell die Renovierung des Hochaltars und bezahlte großzügig die Neuanfertigung einer wertvollen, gestohlenen Monstranz aus dem Münster. Der Universität Freiburg überließ er ein Stipendium von 2.000 Gulden für die Weiterbildung der Theologie-Studenten.
Als Lehrer war Rosmann natürlich auch mit historischen Fragen befasst. Gemeinsam mit seinem Jugendfreund, Prof. Faustin Ens aus Oberrotweil, gab er 1851 die erste gedruckte STADTGESCHICHTE BREISACHS heraus und ließ diese auf eigene Kosten drucken und binden.
Einen Ausgleich zu seinen Amtsgeschäften fand er bei Gärtnerarbeiten in seiner Freizeit. Er war einer der ersten korrespondierenden Mitglieder des Badisch-Landwirtschaftlichen Vereins zu Ettlingen. Er verfasste Berichte botanischen Inhalts - und er versuchte es in der Tat mit Kaffee-Anpflanzungen im eigenen Garten !
Zurück zum Rosmann – Spital, das ihm so sehr am Herzen lag. In seinem erhaltenen Testament steht zu lesen, dass er das Krankenhaus zu seinem >Universalerben< einsetzt - dies mit einem Stiftungsbetrag von 80.000 Gulden. Diese gewaltige Summe entspricht nach heutigen Berechnungen dem Gegenwert von ca. 50 Wohnhäusern !
Aber: Testamentarische Bestimmung :
>Mit diesem Vermächtnis – Dotation – wird die unabänderliche Bedingung verbunden, dass weder das Krankenhaus noch
das Spitalkirchle zu etwas anderem verwendet werde, als zur Unterbringung und Verpflegung der Kranken, das Kirchle aber zur Ehre Gottes…<
Sein Testament bedenkt zusätzlich alle möglichen karitativen Einrichtungen, einschließlich Schulen, Armenfonds, Arztbesoldung, kostenlose Behandlung armer Kranker in der Stadt.
In seinem Testament vermerkt Rosmann ausdrücklich:
>Wer von der Kirche lebt, der soll auch für die Kirche leben. Da es eine Hauptsorge der Kirche ist, Arme und Kranke zu unterstützen und zu pflegen, möchte ich meine Pflicht tun, den größten Teil meines Vermögens zur Ehre Gottes an Kirche und Arme, insbesondere Kranke zu vergeben… <
Rosmann erfuhr zu Lebzeiten viele Ehrungen:
• Ehrenbürger der Stadt Breisach
• Ernennung zum Bezirks-Schulvisitator
• Ernennung zum Geistlichen Rat, anlässlich seines goldenen Priesterjubiläums
• und ganz besonders erwähnenswert: die höchste badische Auszeichnung - das Ritterkreuz des Ordens vom Zähringer Löwen.
Viele stellen sich nun die Frage: Woher hatte Rosmann soviel Geld?
Er selbst vermerkt in seinem Testament:
> Mein Vermögen verdanke ich zuallererst dem Segen Gottes, dem Wohlwollen meiner geistlichen und weltlichen Oberen und der Wirtschaftlichkeit meiner selig verstorbenen Mutter und Schwestern <.
Ergänzend muss aber hinzugefügt werden , dass Rosmann ein selten hohes Pfründe-Einkommen hatte (in der Erzdiözese waren die Münster- Pfarrpfründe Breisachs die höchsten).
Ererbtes Vermögen, Pfründe und eine äußerst einfache, fast asketische Lebensweise, dazu Zins und Zinseszins seines Geldes führten zu diesem Reichtum. Rosmann ärgerte sich stets über die hohen Zinsen beim Verleih von Geld und gab daher seine Darlehen zu wesentlich günstigeren Zinsen ab. Er dürfte es begrüßt haben, dass kurz vor seinem Tode die Sparkasse gegründet wurde , damit Zinsstabilität einkehrte und die Spargroschen der Armen gut und mündelsicher verwaltet wurden.
Über die Nöte zu Rosmanns Zeiten, die hohe Kindersterblichkeit und das Vertrauen in Gottes Hilfe soll das Werk des Benedikt Herbst Zeugnis ablegen. In der seinerzeitigen Aufbruchstimmung betrieb er mutig den Neubau eines Badhauses am Rhein ( auf dem Grundstück des heutigen Martin-Schongauer-Gymnasiums). Für den Bau dieses Schwimmbades wurden vielfach Quader und Backsteine aus den
ehemaligen Ringmauern und vom Kupfertor (1793 zerstört) benutzt.
In der Grundstein-Inschrift ist folgendes erwähnt:
Leider blieb unser Familienglück nicht ungetrübt durch Widerwärtigkeiten, Unfälle. Am schmerzlichsten war der Tod der für uns alle so sehr besorgten Schwieger-Mutter. Schwer fiel mir auch der Tod von sieben meiner Kinder:
Nicolaus Eduard, 6 Mo. Sophie Josephine, 4 Wo. Josef Emil, 6 Mo. Sophie Amalia, 4 Mo. Agatha Petrina, 6 Wo. Nicolaus, 4 Tage Benedikt Paul, 3 Wo. Wir senden beide, vereint mit 4 unserer verbliebenen Kinder unser Gebet zum Himmel, auf dass Gott dieses Unternehmen segne…. <
Nach Rosmanns Tod 1853 und seiner Stiftung für das Krankenhaus ging das gesamte Anwesen am 27. April 1945 unter im Bombenhagel und im Artilleriebeschuss der Alliierten. Das Areal brannte völlig aus.
Das Ende des Spitalfonds war erreicht, alle Barmittel waren durch die Währungsreform vernichtet. Wie kam es zur kriegsbedingten, weitgehenden Zerstörung des Breisacher Münsters, dessen Renovierung Rosmann mit hohen Geldbeträgen betrieben hatte.
Zitat aus : >Aus Breisachs Vergangenheit und Gegenwart< (Gebhard Klein)
Breisach war in den Mittelpunkt der kriegerischen Ereignisse im Elsaß gerückt und wieder in seine alte Rolle als Brückenkopf am Rhein gedrängt worden. Flakgeschütze wurden auf Breisacher Gemarkung zusammengezogen, um die deutschen Truppen, die vielen Verwundeten und das Kriegsmaterial vor dem schweren Druck der angreifenden amerikanischen und französischen Divisionen über die einzige Eisenbahnbrücke im süddeutschen Raum aus dem Elsaß zurückführen zu können.
Im Dezember 1944 wurden Maschinengewehre und Geschützstellungen in der Oberstadt und um das Münster herum bezogen. Sperrballons sollten das Gebiet gegen Tiefflieger-Angriffe sichern. Stadtpfarrer Hugo Höfler erhob immer wieder Einspruch bei den zivilen und militärischen Dienststellen. Er wandte sich auch an den Erzbischof und die kirchliche Denkmalpflege, damit sie sich beim Reichskonservator für die Räumung der Stellungen in der Oberstadt einsetzten.
Anfang Januar 1945 kam es zu einer Besprechung mit dem Kampfkommandanten. Stadtpfarrer Höfler forderte erneut die Räumung der Oberstadt von Maschinen- Gewehren und Geschützstellungen, um dem Feind keine Handhabe zu geben, das Münster in den Feuerbereich der Artillerie zu ziehen. Der Kampfkommandant lehnte aus taktischen Gründen die Forderung ab und erklärte, dass in einem totalen Krieg keine Rücksicht auf Kulturwerke genommen werden könne.
- April 1945
So stand das Münster einsam da, die Glocken läuteten nicht mehr und kein Gottesdienst fand mehr statt. Die Uhr war 10 Minuten vor zwölf stehen geblieben…
Breisach war zu über 90 % zerstört , galt als nicht mehr aufbaubar. Es sollte als ewiges Mahnmal liegen bleiben! Im Norden der Stadt war ein Wiederaufbau, jenseits des zerstörten Areals, geplant. Zur Rettung des zerstörten Münsters trugen Dekan Hugo Höfler und der Bürgersinn einiger tatkräftiger Männer der ersten Stunde bei.
Der Rosmann´sche Spitalkomplex am Werd war total zerstört. Ein Behelfskrankenhaus wurde am Bahnhof eingerichtet - unter der Leitung von Dr. Loewe sen. - in der sog. Herpel´schen Villa, später Polizeirevier und heute Ärztehaus . Die ehemalige Spitalkirche (unter Denkmalschutz stehend) wurde von der Stadt Breisach instandgesetzt und diente fortan als Versammlungsraum, da keine kirchlichen Bedürfnisse mehr bestanden. Als die Stadt Breisach einen Wiederaufbau des Krankenhauses plante, entbrannte ein heftiger, juristisch ausgetragener Streit über den Standort. Rosmann hatte in seinem Testament als >unabänderliche Bedingung< festgehalten, das Krankenhaus am alten Platz zu betreiben. Da die Stadt Breisach das neue Krankenhaus aber auf den Rempartwällen (dem heutigen Standort) errichten wollte, kam es zu Anfechtungsklagen.
Da Rosmann im Testament verfügte, dass bei Verstoß gegen sein Vermächtnis das Restvermögen an seine Heimatgemeinde zurückfalle, fragte die Gemeinde Oberrotweil schon einmal vorsorglich an, wie zu verfahren sei !
Im August 1958 wurde das neu errichtete Rosmann-Krankenhaus eröffnet - zunächst mit 62 Betten und dann zwischen 1961-1963 erweitert auf 105 Betten. 1972 ging es auf den Landkreis Breisgau- Hochschwarzwald über, um dann 1998 in die Hände des privaten Betreibers der HELIOS-Kliniken übergeführt zu werden.
Zusammenfassung
Pantaleon Rosmann wird zu den größten Wohltätern in der Geschichte der Stadt Breisach gezählt. Mit seinem reichen Privatvermögen unterstützte er zeit seines Lebens Arme und Kranke - ungeachtet ihrer gesellschaftlichen Stellung und Religionszugehörigkeit. Seine letzte Ruhestätte fand Rosmann vor der Paradieshalle der St. Josefskirche zu Breisach.
Literatur:
G. Haselier: Geschichte der Stadt Breisach am Rhein 3 Bände
G. Klein: Aus Breisachs Vergangenheit und Gegenwart
Clorer: Breisach – Seine Vergangenheit und Gegenwart ; 1883
G. Haselier: Bad. Heimat Heft 1/2 1971 P.Rosmann/F.Enz: Geschichte der Stadt Breisach
F.J. Weinrich: Breisach – gestern und heute
F. Schanno: Vortrag P.Rosmann Febr. 1994
U. Fahrer: Vortrag zur Rosmann-Ausstellung im Rosmann-Krankenhaus 14.9.1994
Verfasser: Dr. Falk Herdter, ehem. Ärztlicher Dir. und Chefarzt Chirurgie HELIOS Rosmann Klinik Breisach